Es gilt dem „reifen Bock“

Die neuen Jagdzeiten in Brandenburg dienen ausschließlich der Freizeit- und Trophäenjagd

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Mit der Veröffentlichung einer Allgemeinverfügung des Ministeriums für Land- und Ernährungswirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (MLEUV) ist jetzt eine Veränderung der in Brandenburg geltenden Jagdzeiten in Kraft getreten, deren Sinn sich nur schwer erschließt. Seit Mai vergangenen Jahres galt für wiederkäuendes Schalenwild (Rehwild, Rotwild, Damwild und Muffelwild) eine Jagdruhe in den Monaten Juni und Juli. Vor allem wildbiologische Gründe und der Tierschutz sprechen dafür, dem Wild in der Zeit der Jungenaufzucht Ruhe zu gewähren. Außerdem ist die Jagd im Juni und Juli erfahrungsgemäß wenig effizient. Diese Jagdpause wird nun teilweise aufgehoben. Rehböcke aller Altersklassen und einjähriges männliches Rot- und Damwild – sogenannte Spießer - dürfen von sofort an in dieser Zeit wieder bejagt werden – aber nur auf wildschadensgefährdeten landwirtschaftlichen Flächen, nicht im Wald.

Wie ist das zu verstehen? Hat das Ministerium neue Erkenntnisse darüber, dass Rehböcke und junge Hirsche im Sommer auf den Feldern besonders viel Schaden anrichten, nicht aber im Wald? Wo doch dort gerade die Knospen sprießen? Ignoriert das Ministerium, dass durch die Bejagung im Feld das Wild in den Wald gedrängt werden kann, wo der Verbiss dann umso
größer wäre?

Die Suche nach Sachgründen für diese rätselhafte Verfügung führt zu nichts. Der eigentliche Grund kommt in ihrem Text und ihrer Begründung nicht vor. Er heißt Blattjagd. Das ist die Lockjagd auf den Rehbock in der Paarungszeit. Und die beginnt nun einmal im Juli und nicht erst im August. Brandenburgs Weidmänner und -frauen mussten sich nach der alten Verordnung einen ganzen Monat lang gedulden, bevor sie endlich den Höhepunkt des Jagdjahres genießen konnten. Dieser Verzicht wird ihnen nun nicht länger zugemutet. Warum sie sich nur im Feld und nicht im Wald der Jagd auf „reife Böcke“ hingeben dürfen, bleibt allerdings weiterhin eine offene Frage. Der Landesjagdverband hat die Neuregelung als einen ersten Schritt in die richtige Richtung bezeichnet. Welche Richtung meint er? Es ist die Unterwerfung des brandenburgischen Jagdwesens unter die Interessen der Freizeitjagd. Es geht nicht um die Bedürfnisse des Wildes, die Nöte der Bauern oder den Umbau der Wälder. Es geht um die Optimierung des Jagderlebnisses und um Trophäen.
 

Eckhard Fuhr
Vorsitzender
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